Floors und Caps sind Zinsoptionsscheine auf die Entwicklung des Geldmarktzinssatzes, typischerweise gemessen anhand des 6-Monats-Libors. Beim Zins-Floor erhält der Investor über die Laufzeit in halbjährlichen Abständen eine Ausgleichszahlung, sofern der dann jeweils festgestellte tatsächliche Libor unter dem in den Optionsbedingungen festgelegten Basiszinssatz liegt.
Die Höhe dieser Auszahlung bemisst sich nach der Differenz zwischen Basiszinssatz und dem jeweiligen Libor am Berechnungstag und wird zeitanteilig (actual/360) am Ende der jeweiligen Berechnungsperiode auf den Nennbetrag des Floor ausgezahlt. Der Zahltag liegt damit also ein halbes Jahr nach dem Berechnungstag.
Bei einem Floor handelt es sich im Grunde um ein Paket von Put-Optionen auf den Libor. Diese einzelnen Put-Optionen, auch Floorlets genannt, haben gestaffelte Laufzeiten, die jeweils von Floorlet zu Floorlet um ein halbes Jahr zunehmen und so die einzelnen halbjährlichen Auszahlungstermine über die gesamte Laufzeit des Floor abdecken.
Der Preis eines Libor-Floor ergibt sich entsprechend additiv als die Summe der diskontierten Preise für diese einzelnen Optionen. Analog stellt ein Cap ein Paket von Call-Optionen auf den Libor dar.
Der Charakter von Floors und Caps als ein Paket von einzelnen Optionen bedeutet, dass für die Preisbildung des Floor nicht primär der aktuelle Libor relevant ist, sondern auch alle jene Libor-Sätze für die weiter in der Zukunft liegenden Optionstermine.
Wenn man sich vor Augen führt, dass der durchschnittliche Libor über die gesamte Laufzeit des Floor dem Swapsatz entspricht, wird klar, dass die Preisentwicklung eines Floor untrennbar mit dem Kapitalmarktzins verbunden ist. Eine Perspektive für steigende Notierungen ergibt sich also nur bei einem fallenden Kapitalmarktzins.
Anders als bei traditionellen Zinsoptionsscheinen ist der Investor im Umfeld einer steilen Zinsstrukturkurve allerdings nicht einmal auf sinkende Geldmarktsätze angewiesen, um mit Floors ein profitables Investment zu erreichen. Vielmehr macht der Investor bereits dann einen Gewinn, falls der Libor lediglich nicht so stark und nicht so schnell steigen sollte, wie es die Terminzinssätze suggerieren.
Umgekehrt müssen sich Investoren, die auf Caps setzen, im klaren darüber sein, dass eine steile Zinsstrukturkurve bereits einen enormen Anstieg der Geldmarktsätze vorwegnimmt. Die Zinssätze müssten zukünftig folglich stärker steigen als von den Terminzinssätzen suggeriert, damit der Investor mit dem Cap Geld verdient.
Investoren, die auf Floors oder Caps setzen, sollten sich folglich bewusst sein, dass sie damit explizit eine Wette gegen die von der Zinsstruktur implizierten Terminzinssätze eingehen. In diesem Sinne reflektiert die Entscheidung für einen Floor oder einen Cap in geradezu klassischer Weise den Widerstreit zwischen Mathematik und Marktmeinung.
Aus der Funktionsweise und des Preisbildungsmechanismus für Zins-Floors lassen sich die folgenden beiden wesentlichen Aussagen ableiten: (1) Die Summe der über die Laufzeit eines Zins-Floor vereinnahmten Auszahlungen hängt ausschließlich von der Entwicklung des Libor ab. (2) Die Preisentwicklung eines Floor zu einem gegebenen Zeitpunkt hängt mit zunehmender Restlaufzeit immer weniger vom aktuellen Libor und um so stärker vom Kapitalmarktzins ab.
Mit diesen beiden Erkenntnissen gehen zwei grundsätzlich verschiedene Investmentphilosophien für den Einsatz von Zins-Floors einher. Investoren, die auf eine Veränderung des Niveaus oder der Form der Zinsstrukturkurve spekulieren, setzen Zins-Floors als ein taktisches Instrument ein, um Kapitalgewinne zu erzielen.
Umgekehrt stellt ein Zins-Floor ein strategisches Instrument aus der Sicht solcher Investoren dar, die nicht primär auf spekulative Kapitalgewinne, sondern kontinuierliche, steuerfreie Auszahlungen über die Laufzeit abzielen.
Caps und Floors ist es wie keinem anderen strukturierten Produkt gelungen, sich einen bedeutsamen Platz im Marktsegment der Zinsoptionsscheine zu erkämpfen. Der Grund hierfür liegt zweifellos in der Flexibilität für den Anleger bei der Umsetzung differenzierter Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung der Zinsstruktur.
Die bei keinem anderen Instrument in vergleichbarer Weise gegebene Möglichkeit, aktiv die eigene Marktmeinung gegen die Mathematik der Zinsstrukturkurve zu setzen, macht Floors und Caps zu einem faszinierenden Instrument und eröffnet dem Investor ein Performancepotential, das ihm bei anderen Varianten von Optionsscheinen verschlossen bleibt.