Du fragst dich, welchen Optionsschein du auswählen sollst? Dann bist du auf jeden Fall schon mal auf einem guten Weg, denn Optionsscheine sollte man nur ganz gezielt kaufen.
Welche Kriterien für die Auswahl eines Optionsscheins besonders wichtig sind, erfährst du in diesem Artikel. Durch die nachfolgenden Informationen wird es auch dir möglich bei der Optionsschein Auswahl weniger Fehler zu machen.
Inhaltsverzeichnis
Hebel contra Zeitwertverlust
Das Charakteristikum von Optionsscheinen besteht darin, mit einem vergleichsweise niedrigen Kapitaleinsatz an der Preisentwicklung des zugrundliegenden Basiswertes überproportional teilzuhaben (Leverage-Effekt).
Zwar wirkt der Hebel in beide Richtungen, so dass bei ungünstiger Entwicklung entsprechende Verluste entstehen, allerdings sind diese Verluste auf die anfänglich gezahlte Optionsprämie begrenzt, während die bei günstiger Entwicklung eintretenden Gewinne theoretisch unbegrenzt sind.
Diese für den Investor günstige Asymmetrie in der Verteilung von Chancen und Risiken hat freilich ihren Preis. Dieser Preis besteht in jenem Anteil der vom Investor zu entrichtenden Optionsprämie, die über den inneren Wert der Option hinausgeht, dem Zeitwert.
Dieser Zeitwert des Optionsscheins ist im Zeitablauf einem kontinuierlichen Zeitwertverlust unterworfen, der um so stärker wirkt, je näher das Ende der Optionsfrist rückt. Folglich sind es Hebel und Zeitwert eines Optionsscheines, die in ihrem Verhältnis zueinander maßgeblich den Anlageerfolg bei Optionsscheinen für den Investor bestimmen.
Je mehr Zeit verstreicht, bis die vom Investor erwartete günstige Entwicklung eintritt, desto stärker wird die ursprünglich aus dem Hebel abgeleitete Performance durch den inzwischen eingetretenen Zeitwertverlust vermindert oder gar ins Minus verkehrt. Der prozentuale Zeitwertverlust (gemessen durch das Theta) kann nur durch Kurssteigerungen des Basiswertes ausgeglichen werden.
Zur Bestimmung des erforderlichen Kursanstiegs im Underlying muss der effektive Hebel (Leverage) mit herangezogen werden. Beträgt etwa das Theta ein Prozent pro Monat und der Leverage zwei, so muss die Aktie zum Ausgleich des Zeitwertverfalls 0,5 Prozent pro Monat steigen.
Diese Überlegungen sollen anhand des Siemens Optionsscheins verdeutlicht werden: Der Siemens Optionsschein verliert pro Monat 2,33 % (Theta) an Wert. Um diesen Zeitwertverlust auszugleichen, muss die Siemens-Aktie ceteris paribus bei einem Leverage von 4,36 um 0,53 % pro Monat steigen.
Aufgrund des progressiv voranschreitenden Zeitwertverlustes nehmen auch die zu seinem Ausgleich erforderlichen Kurssteigerungen der Siemens-Aktie im Zeitablauf zu. Nur in Märkten mit ausgeprägtem Trend dominiert der Hebel als Performancedeterminante; in stagnierenden Märkten dominiert hingegen der Zeitwertverlust.
Chance contra Risiko
Mit dem Erwerb eines Optionsscheins erwirbt der Anleger ein ganz bestimmtes Chance-Risiko-Profil. Dieses Profil hängt naturgemäß von der Konstruktion und Aggressivität des jeweiligen Optionsscheins ab. Darüber hinaus ändert sich dieses Profil im Zeitablauf mit sich ändernden Marktverhältnissen und ist damit immer nur eine Momentaufnahme.
Anhand des Black-Scholes Modells kann das Chance-Risiko-Profil eines Optionsscheins konkret ermittelt werden, in dem die Eintrittswahrscheinlichkeiten berechnet werden, mit dem der Optionsscheininhaber ein bestimmtes Ergebnis erwarten kann.
Bei der Abwägung zwischen Chance und Risiko sollte daher das Totalverlustrisiko, das Teilverlustrisiko und die Gewinnchance abgewägt werden. Das Risiko eines Verlustes, insbesondere auch eines Totalverlustes, bei Optionsscheinen ist deutlich höher als bei Aktien.Dies macht deutlich, dass ein Investment in Optionsscheinen vom Investor ganz besonders das Abwägen von Chancen und Risiken verlangt.
Faustregeln für die Optionsscheinanlage
Für eine erfolgreiche Anlage in Optionsscheinen soll die folgende Liste eine zusammenfassende Hilfestellung geben.
- Der richtige Anlagewert und die richtige Markteinschätzung sind unabdingbar für ein erfolgreiches Engagement in Optionsscheinen. Dieser Punkt entscheidet grundlegend über Erfolg oder Misserfolg einer Anlage.
- Auf eine ausreichende Restlaufzeit achten, da sonst der beschleunigte Zeitwertverlust gegen Ende der Laufzeit – trotz richtiger Markteinschätzung – zu Verlusten führen kann.
- Auf den Basispreis achten, denn je weiter ein Schein aus dem Geld ist, desto höher ist das Risiko eines Totalverlustes und nur in den seltensten Fällen treten die erwünschten spektakulären Gewinne auch tatsächlich ein.
- Grundsätzlich gilt: Ein Optionsschein ist um so riskanter, je höher sein jährliches Aufgeld ist.
- Auf das Bezugsverhältnis achten! Hohe Bezugsverhältnisse führen zu optisch günstigen Preisen; im Vergleich zum fairen Optionspreis sind sie aber häufig überbewertet.
- Das Abwägen zwischen Chancen und Risiken zu objektivieren, liegt dem Konzept des fairen Preises der Optionspreistheorie zugrunde. Der Anleger kann mit Hilfe des „Fair Value“ sofort erkennen, ob der angebotene Schein der Optionspreistheorie nach überbewertet, sprich zu teuer ist, (Optionsscheinpreis > Fair Value), fair bewertet ist (Optionsscheinpreis = Fair Value) oder unterbewertet ist (Optionsscheinpreis < Fair Value).
- Beim Kauf von Optionsscheinen sollte insbesondere darauf geachtet werden, ob für diesen Optionsschein ein hinreichend liquider Markt besteht. Sicherheitshalber sollten Kauf- und Verkaufsaufträge limitiert werden.
- Bei der Optionsscheinauswahl sollte die Differenz zwischen den Geld- und Briefkursen berücksichtigt werden, da diese Spanne für den Investor Transaktionskosten darstellen, die den Anlageerfolg schmälern.
- Unverständliche Optionsscheinkonstruktionen meiden, da es schwierig einzuschätzen ist, ob eine „faire“ Bewertung vorliegt.